Bad Essen. Seit Sommer 2023 hat der Wasserverband Wittlage auf seiner Homepage eine digitale Trinkwasserampel platziert. Derzeit steht sie auf Gelb, doch bei der Rekordhitze Anfang Juli musste sie auf Rot gestellt werden. Verbandsgeschäftsführer Uwe Bühning erklärt, was es damit auf sich hat und wie sich die Lage der Wasserversorgung aktuell darstellt.
Herr Bühning, in den vergangenen Tagen stand die Trinkwasserampel auf Rot, das Signal an die Verbraucher, den Wasserverbrauch deutlich einzuschränken. Gibt es einen Trinkwassernotstand?
Genau dem soll vorgebeugt werden, indem wir die Verbraucher durch Maßnahmen wie die Trinkwasserampel oder gemeinsame Appelle der Wasserversorger versuchen zu sensibilisieren.
Dass es heiß und die Erde sehr trocken ist, können wir alle feststellen. Aber wonach richten sich die Phasen der Trinkwasserampel?
Grundlage der jeweiligen Ampelphase ist der aktuelle Stand der täglichen Wasserabgabe, die an heißen Tagen deutlich über der durchschnittlichen Abgabe liegt.
Das heißt, der Verbrauch war in den vergangenen Tagen übermäßig hoch?
Absolut. Gegenüber einer durchschnittlichen Abgabe von ansonsten rund 11.500 Kubikmeter am Tag, waren es am 1. Juli rund 15.000 Kubikmeter.
Können Technik und Infrastruktur bei so großen Entnahmen an ihre Grenzen kommen?
Tatsächlich laufen unsere Pumpen dann nahezu ununterbrochen durch. Sie leisten ihre Arbeit zuverlässig, allerdings besteht durchaus die Gefahr, dass bei übermäßiger Wasserabgabe die technisch-hydraulischen Leistungsgrenzen der vorhandenen Anlagen überschritten werden. Selbstverständlich ist es unsere Strategie, unsere Infrastruktur im Hinblick auf den sich abzeichnenden Klimawandel resilient zu gestalten, sie aber vollumfänglich an diese eklatanten Entnahmespitzen anzupassen, wäre eine unwirtschaftliche Aufblähung des Systems. Daher der Appell an die Kunden, besonders an sehr heißen Tagen den Verbrauch im Blick zu behalten.
Abgesehen von Energie und Technik: Geben die Brunnen in unserer Region langfristig so viel Wasser überhaupt her?
Das wollen und dürfen wir nicht austesten, schließlich sind wir zu Recht an die von der Wasserbehörde beim Landkreis genehmigten Mengen gebunden, die sich auf geologische Gutachten stützen und die dazu dienen, Wasserqualität und -ressourcen stabil und unser Ökosystem intakt zu halten. Diese Mengen werden auf Grundlage der prognostizierten Grundwasserneubildung festgesetzt. Allerdings ist eine Neubildung, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen, anhand der Klimamodelle für die Zukunft nicht zu erwarten.
Steht uns denn nicht genug Wasser zur Verfügung?
In unserer Region fördern wir das Trinkwasser ausschließlich aus dem Grundwasser. Und hier sehen wir deutlich niedrigere Pegelstände als früher.
Erklären Sie uns bitte den Zusammenhang.
Die Grundwasserstände bewegen sich im Allgemeinen zyklisch im Zusammenspiel von Jahreszeiten, Niederschlägen und Vegetation. Normalerweise erfolgt die Grundwasserneubildung in den Herbst- und Wintermonaten, also von November bis zum Beginn der Wachstumsphase im März. Dann beginnt durch das Pflanzenwachstum die Grundwasserzehrung, die im Sommer ihren Höhepunkt erreicht, sodass wir die niedrigsten Grundwasserstände üblicherweise Ende September/Anfang Oktober messen. Aber auch wenn das vergangene Jahr eher nass war, so sehen wir nach den Hitzejahren von 2018 bis 2022, wie empfindlich unser Grundwasserdargebot inzwischen ist.
Und wie ist es aktuell?
Da in diesem Jahr in den Monaten Februar und März die Niederschläge fast komplett ausblieben, hatten wir bereits im April einen so niedrigen Pegelstand wie wir ihn sonst erst im Juni verzeichnen. Und der Sommer hat ja erst angefangen. Vor diesem Hintergrund wird unser Aufruf zum sorgsamen Umgang mit Trinkwasser vielleicht eher nachvollziehbar.
Regentage zwischendurch sorgen aber doch für Abkühlung. Normalisiert sich dadurch nicht auch die Versorgungslage?
Natürlich sorgen Regentage kurzfristig für eine Entspannung der Versorgungslage. Es sind aber die extremen Temperaturen und die längeren Hitzeperioden, die wir vermehrt verzeichnen, und die zu den problematischen Spitzenlasten führen.
Und hinzu kommen die ohnehin schon niedrigeren Grundwasserstände…
Genau. Grundsätzlich sind es also zwei Entwicklungen, die mit einem veränderten Klima einhergehen und uns Wasserversorger herausfordern: Zum einen eine längerfristige, bei der die Grundwasserneubildung nicht mehr im bisherigen Umfang stattfindet, und zum anderen die kurzfristige, mit extremen Temperaturen, die immer wieder zu übermäßigen Entnahmen führen.
Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt. Was können wir als Verbraucher konkret tun?
Wir sollten sorgfältig abwägen, ob und wofür wir das Wasser brauchen. Brauche ich beispielsweise den Gartenpool? Ein durchschnittlicher Aufstellpool von 3,66 Metern Durchmesser umfasst ein Volumen von 6500 Litern. Dies entspricht dem 54-fachen des Tagesbedarfs einer Person. Oder: Ist es so schlimm, wenn der Rasen einmal vorübergehend etwas struppig aussieht? Er wird sich auch wieder erholen. Auch sollten wir bei der Auswahl der Pflanzen für unseren Garten zu Arten greifen, die auch mal Trockenheit abkönnen. Parallel dazu sollten wir darauf achten, nicht zu viele Flächen zu versiegeln, damit offene Flächen zur Grundwasserneubildung beitragen können. Alles in allem sollten wir uns bewusst machen, welch kostbares und lebenswichtiges Gut unser Wasser ist.